Lateinakademie in Sankelmark

Das Geheimnis der „Bunten Kammer“ –

Levke Gerdsen und Lilly Lötje vom Gymnasium Schloss Plön nehmen an der „Lateinakademie“ in der Akademie Sankelmark bei Flensburg teil (5.-8. September 2018)

Kurz vor den Sommerferien hatte uns Herr Kraack, unser lieber Prof. Dr. und Latein- und Geschichtslehrer, gefragt, ob wir nicht Lust hätten, an einer Lateinakademie für Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe teilzunehmen. Wir wussten zwar nicht, was uns da erwartete, sagten aber erst einmal zu.

Am Mittwoch, d. 5. September 2018, ging es dann nach der 5. Stunde gemeinsam mit Herrn Kraack, der die Akademie mit organisiert hatte, los. Wir nahmen um 12.45 Uhr den Zug von Plön und fuhren über Kiel und Eckernförde nach Flensburg und dann mit dem Auto weiter zur Akademie Sankelmark.

Dort trafen kurz vor 16 Uhr 24 Schülerinnen und Schüler aus allen Teilen des Landes ein, die wie wir eigentlich noch gar nicht genau wussten, was nun weiter passieren würde. In den Seminarunterlagen stand etwas von „Bunter Kammer“. Aber worum es sich dabei handelte, blieb bis zum Abend ein wohlgehütetes Geheimnis. Nach einer kleinen Erfrischung und der Begrüßung in der Akademie machten wir erst einmal einen Spaziergang, auf dem wir gemeinsam mit Herrn Kraack und Frau Höpel, die sich besonders gut in der Kunstgeschichte auskannte und Spezialistin für barocke Sinnbilder (Embleme) war, die Umgebung der Akademie erkundeten und uns schon ein wenig besser kennen lernten. Unabhängig davon gab es Interessantes zu sehen, etwa ein 5.000 Jahre altes Großsteingrab und die Denkmäler für die Dänen und Österreicher, die am 6. Februar 1864 ganz in der Nähe bei einer Schlacht gefallen waren.

Nach dem Abendbrot ging es dann mit der eigentlichen Arbeit los. Wir fanden in unserem Seminarraum Farbkopien mit barocken Sinnbildern und lateinischen Sprüchen aus der „Bunten Kammer“, von denen wir uns jeder eines aussuchen durften. Dann ging es an Deutung und Übersetzung (Levke hatte sich für ein Bild mit einer Wasserburg unter dem spanischen Titel „ME COMBATEN Y DEFIENDEN“ [„Sie, d. h. die Wellen, schlagen mich und verteidigen mich auch“] entschieden, Lilly brütete über dem lateinischen SEMPER PRIMA NUNQUAM ULTIMA [„Immer die erste, niemals die letzte“]). Das war gar nicht so leicht, hat aber großen Spaß gemacht. Und am Ende war klar, dass das alles sehr unterschiedlich ausgedeutet werden konnte. Unsere Aufgabe bestand unter anderem darin, die Sinnbilder in Gruppen einzuteilen und Oberbegriffe für diese Gruppen zu finden. Wie im Barock üblich ging es in den Motti um „Leben und Tod“, um „Liebe und Leidenschaft“, um „Schicksal und Verantwortung“, um „Krieg und Frieden“ und um vieles mehr, was auf den zweiten Blick eben auch eine ganze Menge mit unserer eigenen Wirklichkeit zu tun hat.

Nachdem unsere persönlichen Embleme uns ganz unbemerkt in neuen Gruppen zusammengeführt hatten, sollte es ins Bett gehen, aber zunächst einmal wurden lange Runden Werwolf gespielt …

Am nächsten Tag fuhren wir nach dem Frühstück nach Ludwigsburg, einem Gut in der Nähe von Eckernförde, um uns die „Bunte Kammer“ aus der Nähe anzusehen. Das war wirklich cool, weil dort ein paar Hundert dieser Sinnbilder in der Vertäfelung eines großen Raumes verbaut sind. Es war gar nicht so leicht, das eigene Sinnbild in dem Wirrwarr zu finden und dann im nächsten Schritt aus der verwirrenden Vielfalt ähnliche Sinnbilder und solche mit gegenteiliger Aussage zu entdecken. Das war eine echte Puzzlearbeit, zumal es ja immer auch um die beigegebenen Sinnsprüche ging. Und die waren keineswegs nur auf Latein. Ganz nebenbei mussten wir auch italienische, spanische,  französische, niederländische und deutsche Sprüche übersetzen und deuten. Das war eine echte Herausforderung. All dies stammte aus den 1670er Jahren, war also schlappe 350 Jahre alt und wirkten doch so, als wäre es erst gestern auf die Wand aufgebracht worden. In Auftrag gegeben worden waren die Sinnbilder der „Bunten Kammer“ von dem damaligen Besitzer, einem Herrn Kielmann von Kielmannseck, der kurz zuvor geheiratet hatte. Deshalb wohl auch die vielen Tafeln zu „Liebe, Lust und Leidenschaft“ – immer wieder Amor mit Pfeil und Bogen.

Nach dem Mittagessen unternahmen wir einen schönen Spaziergang zur nahen Ostsee, auf dem wir ein altes Mausoleum der Gutsbesitzerfamilie erkundeten, und wurden später auch noch von Herrn Karl, dem derzeitigen Besitzer, durch das ganze Gutshaus geführt – besonders cool waren der große Festsaal und das Treppenhaus über mehrere Stockwerke. Herr Karl erzählte uns, dass er und seine Geschwister früher auf dem weit geschwungenen Geländer von ganz oben bis unten heruntergerutscht seien und sich dann hätten in einen großen Wäschekorb fallen lassen. Das hätten wir natürllich auch gerne gemacht, aber leider stand da kein Wäschekorb mehr.

Dann ging es wieder zurück nach Sankelmark, zum Abendessen und danach für alle, die Lust dazu hatten, zu einer Joggingrunde um den Sankelmarker See oder zum Volleyball und Tischtennis im Park der Akademie. Abends war dann Freizeit angesagt, da lernte man die anderen noch wieder ein Stück besser kennen.

Am folgenden Tag  mussten wir dann selbst ran: Es ging darum, ein eigenes Sinnbild und einen dazu passenden Sinnspruch – wenn möglich auf Latein – zu entwerfen. Während die Ideen nur so sprudelten, war vor allem letzteres gar nicht so einfach. Wir hatten ein eigenes Sinnbild mit dem Gesichte eines Menschen in der Mitte entworfen, der von einer Reihe von weißen, toten Masken umgeben war, Masken, die den Blick auf den eigentlichen Menschen verstellten. Dazu hatten wir uns den folgenden lateinischen Spruch ausgedacht: PERSONIS DETRACTIS QUID REMANET? [„Wenn die Masken fallen, was bleibt dann?“] – Da sollte manch einer mal weiter drüber nachdenken! – Eine der Gruppen hatte am Ende sogar ein kleines Theaterstück geschrieben, in dem es um ein junges Mädchen ging, das sich unglücklich verliebt hatte und dem am Ende die Sinnsprüche aus der „Bunten Kammer“ einen Weg aus dem Kummer wiesen – VIA NULLA EST INVIA AMORI („Die Liebe findet stets einen Weg“). – Das war echt klasse! Gegen Abend gab es eine Präsentation der Ergebnisse. – Vor der Gruppe, mit Mikro und Beamer, echt professionell, aber auch da konnte man viel falsch machen bzw. lernen. Immerhin sollten wir die Ergebnisse unserer kleinen Projekte am folgenden Tag im gut gefüllten Hörsaal vor Eltern, Lehrern und Bekannten vorstellen, und da gab es noch viel Luft nach oben, was die Ergebnisse und die Präsentationstechnik anging. – Wie man auch ging, stand und sprach … unsere Coaches waren wirklich anspruchsvoll und hatten stets noch etwas zu verbessern. – Aber am Ende wurden wir immer besser und sicherer. Nach dem Abendbrot haben wir zuerst noch einen kleinen Spaziergang nach Oeversee unternommen und uns die dortige, uralte Kirche angesehen, dann einen spannenden Film über die Römer in Britannien geschaut und sind danach auch noch eine ganze Zeit mit der Gruppe und dem Werwolfspiel beschäftigt gewesen.

Am Sonnabend gab es dann nach dem Frühstück eine ausgiebige Generalprobe und dann waren auch schon die Eltern, Lehrer und Bekannten da, und wir haben im großen Hörsaal die Ergebnisse unserer Projektearbeiten vorgestellt. Das gab am Ende viel Beifall. – Ein schönes Gefühl! Am Ende bekam jeder von uns eine Urkunde mit einem Sinnbild, das ein großes Schlüsselbund und ein Schloss zeigt und dem ein lateinische Spruch beigegebene ist: NON OMNIA POSSUMUS OMNES („Wir können nicht alles alles“). Das passte prima zu dem Seminar, weil wir festgestellt hatten, dass man sich in solchen Fällen eben super gegenseitig helfen kann und dann im Team eben doch mehr schafft, als jeder von uns alleine bewältigt hätte. Eigentlich schade, dass das Seminar nach drei Tagen schon wieder vorbei war. Es war eine tolle Erfahrung zu erleben, dass es ganz offensichtlich überall bei uns im Lande Schülerinnen und Schüler gibt, die Spaß an Latein haben. – Hoffentlich veranstaltet die Akademie in Sankelmark mal wieder eine „Lateinakademie“, da werden wir uns sofort wieder bewerben.